Rhein-Marne-Kanal
Zum
dritten Mal fanden sich tapfere, junge Ruderer zusammen, um während
der Sommerferien keinerlei Gefahren zu scheuen und im Kampf gegen
das flüssige Naß zu bestehen. Wie bereits in den beiden
Vorjahren setzte sich die Gruppe der Ruderer, tatsächlich alles
nur "Männer", aus aktiven und ehemaligen Mitgliedern
der Ruderriegen des Johanneums und des Katharineums zusammen, die
jedoch inzwischen größtenteils Mitglieder der LRG-Jugendabteilung
geworden waren. So lief die Wanderfahrt also unter der offiziellen
Schirmherrschaft der LRG, Fahrtenleiter war der gute Björn.
Sieben
Leute, alles Jungens, fast alle volljährig, brachen also am
1. August 1993 zu einer zwölftägigen Wanderfahrt auf,
die sie auf den Wasserstraßen Europas, vornehmlich dem Rhein-Marne-Kanal,
von Straßburg nach Saarbrücken führen sollte. Am frühen Abend erreichten wir Straßburg. Nach einigem Verfahren kamen wir gegen 17.30 Uhr an unserem Campingplatz "Montagne Verte" - der grüne Berg - an. Schnell die Zelte aufgebaut, geduscht und noch fix etwas gegessen, damit wir alsbald in die Innenstadt Straßburgs fahren konnten. - Durch die vielen Straßen Straßburgs zu gehen, war eigentlich ganz witzig, allerdings konnten wir nirgends eine geöffnete Wechselstube finden, hatten wir doch alle noch keine Francs eingetauscht; also zurück zum Campingplatz. Hier widmeten wir unsere Zeit der Nahrungsaufnahme... So saßen wir noch eine Weile gemütlich zwischen den Zelten.
Ausschlafen!
Ab 9.00 Uhr ging´s so langsam hoch, neben der auf einer ROWdies
Tour gar nicht einmal unbedingt üblichen Morgendusche und dem
Frühstück lieferten sich Bärbel und Critter noch
eine aufreibende Wasserspritzpistolenschlacht, die zum Glück
keine Menschenopfer forderte. In der Stadt tauschten wir dann Geld
ein bzw. um, und da sämtliche Geschäfte noch geschlossen
hatten, erweiterten wir unseren kulturellen Horizont durch einen
ausgedehnten Besuch im Straßburger Münster (5 min).
Die Zeit
zwischen 7.00 Uhr und 9.00 Uhr wurde mit aufstehen, essen, waschen,
aufräumen, Zelte abbauen und bezahlen überbrückt.
Gegen 9.10 Uhr brachen wir auf zum RCS, wo wir die Boote ins Wasser
setzten und losruderten. Aber was
nun? Die ganze Zeit warten, bis man zuerst wieder herunter- und
dann wieder hochgeschleust war? - Nein! So eine zeitliche Verzögerung
konnten und wollten wir nicht hinnehmen. Also zog die Alcis-Crew
kurzerhand an der in der Schleuse angebrachten "Alarme"-Strippe.
Doch genau das war falsch, denn von nun an ging garnichts mehr.
Der bereits begonnene Schleusvorgang (nach unten) brach abrupt ab,
so daß wir mehr oder weniger in der Mitte hingen. Während
Okieh sich die Beine vertrat, blieben Critter und Hussen im Boot.
Critter, von den anderen zum Sündenbock ernannt, der das ganze
Malheur zu verantworten hatte, hielt dem mentalen Druck nicht mehr
stand und rauchte seine erste Zigarette nach längerer Abstinenz. Den Kanal
verallgemeinernd beschreibend, muß man sagen, daß die
Landschaft, in der wir ruderten, zwar ganz nett war, der Kanal selbst
jedoch nicht sehr schön. Er ist um etwa vier bis fünf
Meter höher gelegt und liegt somit oberhalb der normalen Landschaft
wie ein Deich auf weiter Ebene. Durch die durch nichts unterbrochene
Randbefestigung wirkt er die ganze Zeit über sehr monoton.
Durch das sehr ruhige Wasser kommt man äußerst zügig
voran, vorausgesetzt es fahren keine Motorboote vor einem. In diesen
Falle gibt es nämlich sehr viel Kabbelwasser, was uns sogleich
zu einem Vergleich mit der Müritz veranlaßte (siehe ROWdies
Tour ´92). Die Landschaft wurde im weiteren Verlauf der Fahrt
von Tag zu Tag schöner. Schon nach wenigen Tagen konnte man
eintauchen in die hinter der Randbefestigung idyllisch liegende,
malerisch wirkende Natur, deren Wasserbett sich durch unzählige
Täler und weite Ebenen hindurchschlängelte. Mit dem Verlassen
des Rhein-Marne-Kanals hörten später auch die Randbefestigungen
auf, ständig und immer sichtbar und präsent zu sein. Mit dem
Transit fuhren wir zu unserem nächsten Campingplatz nach Saverne,
wo wir unsere Zelte aufbauten, duschten und aßen. Tagesgericht
war eine große 5-Liter-Dose Erasco-Linsen. Im Anschluß
daran faulenzten wir, saßen zusammen und ließen die
Wirkung der Linsen über uns ergehen. Danach fuhren wir noch
einmal kurz in die Stadt. Beim Einparken hätten wir fast einen
Unfall mit einen blauen Ford Fiesta gehabt, da dieser, von der anderen
Seite kommend, in die gleiche Parklücke wollte wie wir, jedoch
nicht sicherheitshalber im allerletzten Augenblick abbremste (Danke
nochmal Björn!). In Saverne war allerdings überhaupt nichts
los, so daß wir wieder zurückfuhren.
Aufstehen,
duschen, essen etc. - Abfahrt um 9.30 Uhr. Während
der Landienst zurück nach Straßburg fuhr, in Deutschland
einkaufte (gewisse Sachen sind da nunmal billiger!) und den Hänger
holte, kamen die anderen kaum zum Rudern. Die längste Strecke,
die in einem Rutsch durchgerudert werden konnte, war maximal zwei
Kilometer lang, da wir andauernd durch Schleusen unterbrochen wurden,
derer wir an diesem Tage 15 zu bewältigen hatten. So bleibt
über das Rudern nicht viel zu berichten.
Nach dem
Waschen und Frühstücken folgte der Aufbruch zu den Booten,
die direkt hinter dem Saverner Schloß lagen. Während
der Landdienst auf dem Markt HipHop- und Techno-Kassetten für
den Transit sowie strahlfreudige Wasserspritzpistolen bzw. -werfer
einkaufte und außerdem durch die Blödheit einer Bedienung
im Touristenbüro eine Karte, die normalerweise knapp 50 Francs
kostete, für 9 Francs erstand, hatten die Ruderer einmal mehr
eine Vielzahl von Schleusen zu bewältiqen (15-17). Nachdem
wir zurück nach Saverne gefahren waren und alles zusammengepackt
und abgebaut hatten, richteten wir uns gemütlich in Lutzelbourg
ein. Der Bach hinter den Zelten war geradezu ideal zum kühlen
unserer Getränke. Nach einem erfrischenden Besuch im Freibad
mit Springen und Weittauchen sprengte Björn mit seiner Telefonkarte
den Telefonzellen-Jackpot. - Die 24. Einheit war´s, sie wollte
und wollte nicht zu Ende gehen. So rief jeder bei allen möglichen
Verwandten und Bekannten an, Critter probierte es sogar nach Amerika.
Im Anschluß daran veranstalteten wir ein äußerst
spaßiges Volleyballmatch mit einem Franzosen. Abgerundet wurde
der Tag durch ein schmackhaftes Essen zwischen den Zelten.
Freitag
frei. Diesen Grundsatz vom Sams machten wir uns zum obersten Gebot
- wir machten einen Tag blau und ruderten nicht.
Gegen 15.00
Uhr fuhren wir einkaufen, entdeckten im Supermarkt ein Bier, das
in so außergewöhnlichen Flaschen abgefüllt war,
daß wir es einfach mitnehmen mußten. So gut es allerdings
aussah, genauso schlecht schmeckte es dann auch. Nach dem Essen
legten wir uns auf eine Wiese und faulenzten. Bei der Rezeption
wurde bereits eifrigst daran gearbeitet, eine "Straßen-Disse"
aufzubauen, auf den Abend waren wir gespannt. Einige gingen noch
ins Freibad bevor der Abend anbrach. Die Straßendisse war
dann die volle Abgehung. Auch wir gesellten uns unter die "Abhottenden
der Nacht". Okieh: "...Im Tunnel
gibt´s ganz viele Rrrrratten!" Waschen
(?), frühstücken, losrudern. So etwa ging´s am Samstag
los. Damit auch
Touristen sich dieses Wunder der Technik genauestens ansehen können,
fahren eigens für diese in Betrieb genommene "Touristendampfer"
hoch und runter, jeweils nur einen kleinen Wendekreis ziehend. Direkt
vor uns war auch ein solcher Touristendampfer. Nicht unerfreut waren
wir durch den Umstand, daß unmittelbar an des Dampfers Heck
und somit an unserer Boote Bug auch weibliche Touristen verweilten,
die nicht nur ganz und gar nicht einmal schlecht aussahen, sondern
zudem noch ungefähr in unseren Alter waren. Ab und zu rutschte
die Kamera ein wenig durch die Finger, so daß im Endeffekt,
natürlich aus Versehen, anstatt des Schiffshebewerkes auch
'mal der Touristendampfer auf dem Bild war (hieran erkennt man gut,
daß die Teilnehmer der Tour wirklich ausschließlich
männlich waren!). Als die beiden Mädels uns zum Schluß
noch eines Winkes beehrten, entbrannte eine heiße Diskussion
darüber, wer nun gemeint gewesen sei. War es Berger oder Kowo
gewesen? - Die beiden grübeln wahrscheinlich heute noch... Hinter
dem Schiffshebewerk gab es leider wieder eine unschöne Randbefestigung,
dafür aber eine Entschädigung anderer Art: an unserer
Backbordseite stieg nämlich direkt hinter der Randbefestigung
ein Steilhang empor, der sich wunderschön in die Landschaft
eingliederte und uns glauben machte, wir ruderten auf einer abschüssigen
Wasserstraße, gab es an Backbord den Steilhang, an Steuerbord
den Blick ins tiefer liegende Tal. Toll! Vor dem
zweiten Tunnel mußten wir kurz warten, bis der Gegenverkehr
durch war. Die Zeit nutzte unser Fliegengewicht Okieh, um sich für
den Kampf gegen die Dunkelheit zu präparieren. Mit einer Taschenlampe,
die normalerweise dafür gedacht ist, sie irgendwo festzuklemmen,
die Okieh jedoch am Schirm seines Bears-Cappies anbrachte, verwandelte
er seine Mütze in einen Grubenhelm. "Kali-Kumpel Okieh
auf Hungerstreik!", hieß es nun. Später gesellte
sich zu diesem Spruch noch "Kali-Grube Kowo zum Abbau von Salinensalz!",
was mit Kowos (bei sportlichen Aktivitäten) chronischer Schweißüberproduktion
zu tun hatte.
Am Sonntag
mußten wir wieder umziehen. Nachdem es frühmorgens noch
geregnet hatte, bauten wir unsere Zelte ab und fuhren los. Das Rudern
war traumhaft. Bei Super-Wetter machte es einfach nur Laune. Später
trugen wir die Boote um auf einen See, an dessen Ufer unser nächster
Campingplatz lag. Beim Rudern auf dem See machten wir noch eine
gemächliche Runde um eine kleine verwucherte Insel und lieferten
uns anschließend ein Rennen, bevor wir am Badestrand (bzw.
direkt daneben) anlegten und die Boote verstauten. Der Transit war
zwar auch schon da, jedoch war der Landdienst nirgends zu entdecken.
Nach kurzer "Suchzeit" hatten wir die beiden gefunden
und bezogen unsere Parzelle. Dabei stellte Kowo unter Beweis, daß
er in der Lage war, den Transit mustergültig einzuparken. Unsere
Nachbarn waren ziemlich fertig, allesamt hörten sie, ihre langen
Haare wild in den Wind moschend und eine Menge hochprozentiger Alkoholika
verzehrend, die Art von Musik, die man laut hört. Und das taten
sie auch! Mit zunehmender
Dunkelheit marschierten wir hinunter zum Strand und sangen, was
das Zeug hielt. Später taten wir uns mit anderen jungen Leuten
zusammen und entzündeten auf der Landzunge ein schönes
Lagerfeuer. Um's Feuer versammelt, machten wir weiter. Während
Björns Sitznachbar (das war der coole Matthias mit dem roten
Stirnband) ihn die ganze Zeit mit dem letzten uninteressanten Krams
vollquasselte, dreschte Bärbel unnachahmlich in die Saiten
und begeisterte seine Zuhörerschaft. Obwohl ihm sogar eine
Saite riß, ging es heiter weiter. Das einzige Lied, welches
diese gerissene Saite unmöglich machte, war "Yellow Submarine"
(das hatte sich nämlich der coole Matthias gewünscht!).
Gegen 2.30 Uhr gingen wir dann schnarchen, Berger und Bärbel
draußen, Kowo und Hussen im Transit, der Rest unter Björns
Überzelt.
Um 10.00
Uhr mußten wir bei der ersten Schleuse sein. Dementsprechend
hektisch mußte alles ablaufen, hatten wir unsere eigentlich
auf 8.00 Uhr angesetzte Aufstehzeit mehr oder weniger verpennt bzw.
wegen nachhaltiger Auswirkungen des vorigen Abends nicht wahrnehmen
wollen. So kamen wir erst nach 9.00 Uhr los, machten die Boote fertig,
überquerten den See, trugen um und keulten wie die Wilden,
um die Schleuse noch rechtzeitig zu erreichen. - Es wurde zwar knapp,
aber es gelang. Insgesamt
hatten wir an diesem Tage wieder extrem viele Schleusen zu überwinden.
Im Anschluß ans Rudern gingen wir erstmal in einem Supermarkt
einkaufen.
Die Nacht
verlief für alle äußerst schlecht. Draußen
wütete ein verheerender Sturm, der mehrmals Bergers Vorzelt
wegriß. Demzufolge waren wir morgens relativ unausgeschlafen,
als es um 8.45 Uhr losging. Abermals mußten wir um 10.00 Uhr
bei der ersten Schleuse sein, einige frühstückten wegen
Zeitdrucks sogar während der Autofahrt im Transit. Nachdem
die Bootseinteilung geändert worden war (siehe Tabelle unten),
setzte Regen ein. Zum Glück fanden wir kurzweilig Zuflucht
unter einer Kanalbrücke, über die wir zunächst hinweggerudert
waren. Der Schleusenwärter hatte, wie wir wußten, sowieso
noch eine knappe Stunde Mittagspause, und so machten auch wir eine
Rast und aßen unsere letzten Vorräte. Mit guter
Geschwindigkeit ruderten wir weiter. Dabei entbrannten mehrere kleine
Rennen zwischen den beiden Trainingsruderern Okieh und Berger, die
ohne Steuennann fuhren, und den beiden Schwergewichten Hussen und
Kowo, die Bärbel an der Steuerleine hatten.
Um 7.00
Uhr hieß es aufstehen. Einpacken, essen, zusammenbauen, abfahren.
Unterwegs noch schnell bei Coop angehalten und die restlichen Francs
verpulvert, setzten wir die Boote an der Schleuse 29 wieder umständlich
ins Wasser. Die Schleuse war jedoch "'n bischen blöd",
funktionierte sie nicht so recht, obwohl wir mehrmals die Lichtschranke
ausgelöst und mit dem "Serviceman" telefoniert hatten
(Okieh). Nach einer Stunde Wartezeit war der Schleusvorgang endlich
beendet und wir konnten losrudern. Schließlich
überquerten wir die deutsche Grenze und befanden uns wieder
in der Heimat. Bereits der zweite oder dritte Seitenarm gen Steuerbord
führte uns direkt an den Steg der Saarbrücker Rudergesellschaft
Undine, unserem Ziel der Tagesetappe und Wanderfahrt.
Um 5.30
Uhr standen wir auf. Beim Fertigmachen bemerkten wir, daß
Kowo, der alle anderen Tage Hussen des Schnarchens bezichtigt und
geradezu angeklagt hatte, schnarchte wie ein Bär - ertappt!
Kurz nach 6.00 Uhr fuhren wir los. Zunächst chauffierte uns
Björn bis Kassel, wo wir auftankten und unsere letzten Pfennige
ausgaben. Dann übernahm Okieh das Steuer und rauschte durch
bis Lübeck. Stephan Huss (nur an die Teilnehmer verteilter
Bericht, gekürzte Fassung) |