Unser Fahrtenemblem 1992

Mecklenburgische Seenplatte


Die ROWdies waren auch dieses Jahr wieder los. Vom 18. bis zum 26. Juli 1992 waren sie unterwegs, und zwar auf der Mecklenburgischen Seenplatte. Im Gegensatz zum letzten Jahr war es diesmal aber ein größeres Team, das sich auf die Fluten stürzte: 12 Mann (wirklich nur Männer) von der KRR und von der LRG trafen sich in den frühen Morgenstunden an der LRG, verluden das Gepäck und schwangen sich in den altersschwachen LRG-Transit und in den BMW-Kombi von Vater Ritter.


Da es sich beim 18.7. um einen Sonnabend handelte, wäre es schade gewesen, ihn in der beschaulichen Stille an irgendeinem der vielen Seen zu verbringen, deshalb fuhren wir zunächst nach Berlin, man gönnt sich ja sonst nichts! Im Ortsteil Grünau schlugen wir unsere Zelte auf und bestiegen unseren Tournee-Bus (den Transit). Das ist ganz schön schwierig, sich zu zwölft in dieses Ding zu quetschen. Wir fuhren, das heißt Björn fuhr, wir fuhren mit, durch ganz Berlin, so kam es uns jedenfalls vor, zum Ku'damm. Nachdem ein passender Parkplatz gefunden war und es bereits zu dämmern drohte, suchten wir schleunigst ein Lokal auf, Lokal ist eigentlich zuviel gesagt, beim Burgerking handelt es sich mehr um eine Stehfresse. Wir gingen infolge dessen auch schnell wieder und fanden einen angenehmeren Platz im Berliner Biergarten. Dort hat es uns zwar gefallen, aber wir gefielen denen nicht, denn Gespräche, die den Lautstärkepegel eines gehauchten Wisperns überschritten, waren, so der angestellte Ordner, nicht erwünscht.

Einsetzen der Boote an der Havel

Wir verabschiedeten uns erbost mit einem inbrünstig geschmetterten Sprechgesang, der ungefähr so klang wie "Akama-la, yeah" und verließen das Etablissement. Wir mußten irgendwo hin, wo's laut war, in eine Disco. Doch die Musik, die uns aus den diversen Tanzlokalen entgegendröhnte, war nicht unser Fall. Eine Disco schien jedoch ein wenig brauchbare Musik zu liefern, doch als wir alle unseren Eintritt gelöhnt hatten, wechselte die Musik schlagartig in Techno-HipHop-Dancefloor-Sch..ß. Wir hielten es nicht lange aus und machten uns wenig später auf den Heimweg durch das nächtliche Berlin. Irgendwann am nächsten Morgen, auf jeden Fall aber viel zu früh, mußten wir wieder aufstehen. Plötzlich waren lauter andere Lübecker Ruderer da, die uns auch noch in ihren Autos sonstwohin fahren wollten. Sollte uns ein wichtiges Detail verschwiegen worden sein? Hier stellt sich ein großes Manko dieser Fahrt dar, die Fahrtenleitung (Björn war's) war grundsätzlich nicht bereit, irgendwelche Informationen, die den Fortgang der Fahrt betrafen, preiszugeben. Wie sich durch unnachgiebiges Fragen herausstellte, hatten die Ruderer an der großen FISA-Sternfahrt teilgenommen und wollten uns nun auf ihrem Rückweg irgendwo an der Havel absetzen. Das ist ein weiteres Problem: eigentlich wußte bis auf Björn und einige ihm sehr Nahestehende keiner so richtig, wo wir eigentlich waren. Das hat nichts mit unseren geistigen Kapazitäten zu tun, sondern vielmehr mit dem schon bekannten Problem des mangelnden Informationsflusses. Björn wollte einfach nicht sagen, wo wir waren. An jedem Morgen teilte er eine Karte aus und sagte den Obmännern der beiden Boote, wo wir hin sollten, und wo uns der Landdienst wieder abholen wollte.

Gedrängel in einer Schleuse

Es war nämlich so: Da es sich um zwei Vierer handelte, die nur zehn Personen Platz boten, wir aber 12 Ruderer waren und immer ein festes Quartier hatten (die ersten vier Tage in der Jugendherberge Mirow und die letzten vier Tage in der Jugendherberge Plau), war jemand nötig, der fähig war, den klapperigen Transit über holperige Straßen zu lenken. Drei Personen hatten einen Führerschein: Nico Haarländer, Christian Rose und Björn Lötsch. Zusammen mit einem zweiten Freiwilligen, den Björn, das Los, bestimmte, hatte einer unserer Wagenlenker die ehrenvolle Aufgabe, Verpflegung für die lauen Sommernächte in der Jugendherberge zu besorgen. Es war ja sooo gemütlich! In Mirow hatten wir einen Bungalow für uns alleine, der See war nicht weit und die jungen Polinnen vom Bungalow gegenüber benutzten mit uns die gleiche Dusche. Wir hatten 'ne Menge Spaß. Während eines Sturmes, der in Süddeutschland Todesopfer forderte, spielten wir eine erfrischende Partie Volleyball, und während wir in der Dämmerung vor unserer Hütte saßen, diskutierten wir über Gott und die Welt, wenn wir nicht gerade gesungen haben, was zur Begleitung von Altmeister Nico Haarländer an der Gitarre gar nicht sooo schlecht klang.

Schubi muß vor gleißendem Sonnenbrand gerettet werden - also aufgeweckt!!

Jaja, wir haben auch gerudert, so ist das nicht. Wenn man auf der Mecklenburgischen Seenplatte unterwegs ist, dann ist es einem, als sei man auf einer riesengroßen Wakenitz. Dem Flußlauf der Havel folgend fuhren wir in Tagesetappen von etwa 30 km Richtung Müritz. Auf der Müritz selbst kommt man sich ziemlich allein gelassen vor, denn der See ist so groß, daß man von der Mitte aus das Ufer nur schwer ausmachen kann. Wir starteten eine spektakuläre Verfolgungsjagd über den größten See der fünf neuen Bundesländer, um uns gegenseitig naß zu spritzen. Während eines kurzen Waffenstillstandes schlief der gute Jens auf seinem Rollsitz ein, eine Schöpfkelle voll Müritzwasser weckte ihn wieder auf. - Zur Illustration einfach mal mit der Maus über das Bild rechts fahren...

Unser Gondoliére Critter

Die Plauer Jugendherberge befand sich auch direkt am See, allerdings wurde sie durch eine Schnellstraße von letzterem abgetrennt. Die Zimmer waren schlicht und einfach, hatten aber eine besondere Attraktion: die Wände waren von oben bis unten mit dummen Sprüchen wie "Fred war hier" beschmiert. Nachdem wir uns über die orthographischen Fähigkeiten ihrer Urheber genug amüsiert hatten, fügten wir selbst noch ein paar Sprüche hinzu. Und das Wetter war sooo schön! Die ganze Zeit brüllte die Sonne vom Himmel, als würde sie ihre gesamte sengende Kraft nur dafür aufwenden wollen, unsere sonnenhungrige Haut zu haselnußbräunen. So schön wie das Wetter war, so klar war auch das Wasser, während einiger Pausen auf dem Wasser nutzten einige die Gelegenheit, mal kurz neben das Boot zu springen.

Landung am Ufer der Müritz

Der Höhepunkt der Fahrt stand aber noch für den vorletzten Abend auf dem Programm, der Besuch der Disco in Neukalen. Björn meinte, das sei ein heißer Tip, außerdem werde die Miß Neukalen '92 gewählt, wir wollten hin. Nachdem wir unsere selbstgegrillten Würstchen verdrückt hatten, zwängten wir uns in den Ford Transit. Wie man vielleicht vermuten möchte, liegt Neukalen in der Nähe von Plau, dem ist nicht so, es ist eine halbe Tagesreise entfernt, dementsprechend lang und langweilig wurde die Fahrt. Bohrende Fragen wurden an Björn gestellt, wo ist die Disse, wie lange noch, wann sind wir da? Um nicht ins Lenkrad beißen zu müssen, schrie Björn seinen Ärger in die Welt hinaus: "NEUKALEN - verdammt N-E-U-K-A-L-E-N ist das denn so schwer! Mein Gott! Argh!" Wie gesagt, Fragen war nicht erwünscht, Geheimniskrämerei sorgte für angespannte Spannung. Als wir endlich, es war bereits dunkel, in Neukalen ankamen, verschlug es uns fast den Atem: So eine Disco hatten wir in einem Dorf nicht erwartet, zwei Tanzflächen, drei Bars, Billardtische, gute Preise und Mädels, eieiei. Kurz bevor die Putzfrauen kamen, verließen wir glücklich den Laden, zwängten uns wieder in den Transit und juckelten nach Hause. Wir freuten uns auf unsere durchgelegenen Betten, doch irgendwo zwischen Neukalen und Plau ging das Benzin zur Neige. Es dämmerte bereits, und wir rollten vor eine Tankstelle, die Tanknadel zeigte an, daß sich noch gerade drei Tropfen Kraftstoff im Tank befanden, der Tankwart seinerseits war aber nicht bereit, die Tankstelle zu öffnen, da es noch nicht sieben Uhr war. Da es jetzt erst fünf Uhr war, waren wir einer Verzweiflungstat nahe, doch wir wagten noch einmal, den Motor anzuschmeißen, da uns der Tankwart den Weg zu einer 24-Stunden Tankstelle beschrieben hatte. Die Tankuhr zeigte noch einen halben Tropfen Benzin, als wir dort vorfuhren, doch wie erstaunt waren wir, daß nur 10 Liter in den Tank paßten. Wut überkam uns, wir hätten schon längst zu Hause sein können, und nur wegen einer defekten Tankuhr hingen wir noch irgendwo in der Provinz 'rum.

Das Wetter ließ reichlich Müßiggang zu... Die altbekannte ROWdies-Pose Fertigmachen zur Abfahrt


Nachdem wir noch einen Tag lang um Plau herum gerudert waren, luden wir die Boote auf den Bootshänger und fuhren, chauffiert von Vater Sonnenberger und Björn, zurück nach Lübeck. Es war eigentlich eine sehr schöne Sommerwanderfahrt, aber es müssen auch Abstriche gemacht werden, denn die Kameradschaft zwischen LRG und KRR war nicht immer zufriedenstellend, uns Amateuren schlug teilweise eine gewisse Arroganz der Trainingsruderer entgegen, aber in der Erinnerung überwiegen doch die schönen Erlebnisse. Vielen Dank an Björn für die schweigsame aber gute Organisation und an Ritters und Sonnenbergers für den Gepäcktransport.

Christian Kohlhof (Artikel aus "KRR aktuell" Nr. 5, Heft 12/1992)